Best Kept Secret Festival, Tilburg, Tag 1, 31.05.2019
Konzert: Best Kept Secret Festival
Ort: Tilburg
Datum: 31.05.-02.06.2019
Dauer: 3 Tage
Zuschauer: wg. Tageskarten unterschiedlich
Konzertbericht
Freitag: Wie viele andere Festivals in diesem Jahr hatte auch das Best Kept Secret keinen Freibrief für ein "Ausverkauft" Schild am Eingang. Die Zeiten des ewigen Wachstums, sowohl was die Festivals selber, als auch deren Anzahl angeht, scheint lange vorbei.
Wem es nicht gelingt, innovative Headliner, besondere Orte oder eine Nische zu besetzen, wird es in Zukunft schwer haben. So bleiben die Einschnitte für das BKS dieses Jahr noch minimal, die Infrastruktur und der damit verbundene, reibungslose Ablauf am sonnigen See haben halt immer noch ein Alleinstellungsmerkmal.
Die Headliner des Jahres 2019 wurden mutig ausgewählt. Bon Iver, der seit 10 Jahren kein Festival in den Niederlanden gespielt hatte, Kraftwerk als Ikone immer willkommen, und Christine and the Queens als Act der Gegenwart und Zukunft.
Zu Beginn tritt aber am Freitag die immer noch unglaublich jung wirkende Julien Baker auf die Zeltbühne "Two". Diesmal stimmig begleitet von einer Geigerin. Wie immer mit vielen getragenen Songs im Gepäck und einer fantastischen Gesangsleistung (Julien variiert ihre Stimmlautstärke, indem sie immer wieder am Mikro vor-und zurückweicht). Ein sehr schöner, da intensiver Start in den Tag.
John Grant wirkt danach zwar wesentlich spielfreudiger mit seiner großen Band, aber seit seinem tollen Album "Queen of Denmark" habe ich ihn leider etwas aus den Augen verloren, und ehrlich gesagt, gefallen mir die neuen, discoartigen Klänge live auch nicht besonders.
Primal Scream machen auf der Hauptbühne am frühen Abend alles richtig. Schön laut ist es, und alle Hits fliegen über den Strand. Alleine der Start mit einem druckvollen "Movin on up" und später eine Endlosversion von "Rocks" und "Kill all hippies", so sollte eine Festivalshow aussehen.
Dann einer meiner besonderen Lieblingsbands: Spiritualized. Was Spaceman und seine diversen Mitstreiter (incl. der obligatorischen Chordamen) auf die Bühne zaubern ist wie immer genial und schwankt zwischen überbordenden Melodien und völliger Zerstörung.
Leider macht Spaceman heute mal wieder was er will und beginnt mit vier Hits, um danach sechs Songs des neuen Albums zu präsentieren. Dadurch verliert der Set seine Dynamik völlig und geht am, zum Teil jungen, unkundigen Publikum vorbei. So schön es für mich war, auf der Hauptbühne bei Sonnenlicht war dieser Auftritt deplatziert.
Trotzdem, "Come Together", "Shine a light" und "Soul on fire" überhaupt noch einmal live zu hören, immer wieder ein Erlebnis. Auch wenn Spaceman seinen Stuhl nicht ein einziges Mal verlässt oder sich an das Publikum wendet. Das hatte schon Dylan-Format.
Genau das Gegenteil versuchte dann Bon Iver als Headliner. Es schien, als würde er jede musikalische Anstrengung mit dem Publikum teilen wollen. Alles wirkte so schwer und mühsam arrangiert. Der Eindruck: Hier wird Musik erarbeitet und nicht wie bei Spiritualized als Fingerübung, mit fast schlampiger Leichtigkeit zelebriert. Von Bon Ivers Auftritt bleibt emotional kaum etwas hängen, da er selbst keinerlei Spaß auf der Bühne zu haben scheint, obwohl er andauernd ins Publikum lächelt.
Erst die Zugabe, wer hätte es anders erwartet: "Skinny Love" ist wirklich ein Ereignis. Wie dabei 25.000 Kehlen mitflüstern und er die Spannung über den Platz zieht, erst jetzt zeigt er endlich seine musikalische Klasse. Die Show bläst dabei alles noch viel größer auf, als es zu sein scheint.
Sah aus wie Headliner, war aber keiner. Danach noch ein paar Minuten bei DJ Koze vorbeigeschaut. Alle tanzen und haben Spaß, so kann es halt auch funktionieren.
Dieser Artikel erschien zuerst im Konzerttagebuch (Mein Zuhause. Mein Blog). Das Konzerttagebuch umfasst ca. 4000 Live Konzert- und Festivalberichte.
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